Na, Mahlzeit. Dass Babys nach dem Trinken ein Bäuerchen machen, ist ja harmlos. Daran, dass sie nach dem reingeschaufelten Brei feuchtfröhlich in ihren Hochstuhl pupsen und mit hochrotem Kopf die Windel vollknattern, gewöhnt man sich auch. Doch mit einer Sache werde ich nur langsam warm: Dirty Talk am Frühstückstisch. Was sollen denn bitte immer diese Fäkalgespräche?
Vor ein paar Tagen hat mich wieder eine Freundin eingeladen. Der Frühstückstisch ist üppig mit Obst und Brötchen eingedeckt. Und wie das bei Opfern von Zeitknappheit eben ist, bin ich mal wieder hungrig. Wirklich sehr hungrig. Doch kaum habe ich den Milchschaum aus dem Latte Macchiato gelöffelt, geht es los. „Emma hat gerade so flüssigen Stuhl, fast schon Durchfall“, seufzt meine Freundin, während sie sich Kaffee einschenkt. „Oh bitte!“, sage ich. Schlucke schnell den Milchschaum runter, ehe sich der Geschmack im Mund noch dem Gesprächsthema anpasst. Und hoffe, das Thema hat sich bald erledigt. Eine andere Freundin diskutiert mit: über stopfenden Bananenbrei und die richtigen Globuli.
Weil das fast wieder appetitlich klingt, greife ich zum Brotkorb. Mein Magen knurrt. Ein Croissant lächelt mich an. Die selbstgemachte Pfirsichmarmelade zwinkert auch. Nur dieser Satz schmälert die Vorfreude: „Hat Moritz manchmal eigentlich auch so gelblichen Stuhl?“ – „Oh, Leute, ich esse gerade“, sage ich und greife doch lieber zur Erdbeermarmelade. Einen Moment lang kann ich kauen und schlucken – dann antwortet Moritz‘ Mama. „Nee, bei ihm sind die Würste zurzeit richtig rötlich. Als hätte er zu viel Traubensaft getrunken. Sieht seltsam aus…“ – „Danke, Mädels. Mir schmeckt’s auch gut“, sage ich und rolle mit den Augen. Das kann ja nicht wahr sein!
Ich nippe am Latte Macchiato und tauche mein Messer tief in das Nutella-Glas, das vor mir steht. Streiche die Creme aufs Hörnchen. Freue mich auf den ersten Bissen – bis jetzt zumindest. „Was machst du bei Felix eigentlich, wenn er mal so klebrig kackt?“, fragt meine Freundin. „Auch Bananenmus?“ Ich gebe mir größte Mühe, nicht über Farbe und Konsistenz von Nutella nachzudenken. Lege das Hörnchen dann aber doch weg.
Lieber trinke ich einen Schluck Orangensaft. „Also Felix versucht ja gerade, trocken zu werden“, fängt da eine andere Freundin an. „Und vorgestern hat er mitten auf den Wohnzimmerteppich gemacht und sein halbvolles Töpfchen wütend auf die Esszimmerstühle geschleudert.“ Mmmmh, lecker. Etwa auf diese Stühle, auf denen wir gerade sitzen?!
Ich stelle das Glas ab, beiße ein letztes Mal vom Hörnchen ab und atme tief durch. Dann fange ich an zu lachen, weil mir diese süße Geschichte von meiner Cousine und ihrer Tochter wieder einfällt. „Wieso? Was ist denn passiert?“, fragen meine Freundinnen. Und ich erzähle: „Naja, meine Cousine dachte, ihre Tochter käme endlich ohne Windeln aus. Und als wir alle mit dem Hund spazieren waren, mussten wir ihn plötzlich am Spielplatz anbinden. Weil die Kleine geschrien hat und so dringend ‚groß‘ musste, dass sie an die Hecke am Spielplatz gemacht hat. Dafür brauchten wir auch gleich einen Hundebeutel… Nur der Hund war so verwirrt, dass er es sich dann für den Rest unseres Spaziergangs verkniffen hat.“ Wir lachen bei der Vorstellung der Szene. Dann erzählen wir von all den kleinen Freunden, die sich zum Pullern im Garten an den Apfelbaum stellen. Von diesen von Kopf bis Fuß vollgekackten Babys, die noch aufgeregt in die Kotwindel packen. Und von denen, die sich immer noch selbst eine Windel anziehen, wenn sie mal „groß“ müssen – weil ihnen Toiletten und Töpfchen unheimlich sind. „Prost!“, sagt eine Freundin und wir stoßen mit Cappuccino auf die Geschichte an. Und auf meine – zwangsweise – neu entdeckte Fäkalredseligkeit. Na, Mahlzeit. Darauf gönne ich mir glatt noch ein Nutellabrot …