Irgendwann musste es passieren. Das Zeitalter des Töpfchens, es packt früher oder später jeden. Und ich erinnere mich an den einzigen Grund, warum ich mir keinen Hund gekauft habe: weil mir davor graute, ihn stubenrein zu erziehen. Beim Gedanken daran, was alles wie und wo danebengehen könnte, hat sich der Wunsch, einen Welpen zu haben, schnell wieder verpisst. Im wahren Wortsinn. Eine Frau sieht Kot.
Nun also mit Kind. Kann doch nicht schwerer sein als beim Hund, denke ich noch, als ich meinen Freundinnen beim Kaffeeklatsch davon erzähle. Oder? „Hör bloß auf“, ruft da schon die erste. „Wir haben in jedem Zimmer ein Töpfchen stehen, falls Emma mal muss. Du kannst so schnell ja gar nicht immer ins Bad rennen, wie sie sich ihre Hosen runterreißt und PIPI brüllt!“ Wie jetzt? In jedem Zimmer ein Töpfchen? Und das soll helfen? Ist ja widerlich… „Naja“, frage ich vorsichtig, „findest du das denn okay, wenn sie in der Küche ins Töpfchen knattert, während du gerade Frühstückseier kochst?!“ Meine Freundin schnaubt verächtlich und holt tief Luft. Die Alternative, sagt sie, ist ja noch viel schlimmer: „Du kannst dir ja nicht vorstellen, wo wir überall schon ihre Haufen gefunden haben.“ Ich will’s mir auch gar nicht vorstellen. Aber sie gibt offenbar gern Nachhilfe in Kack-Geografie: „In der Speisekammer lag schon mal was. Oder an der Garderobe, zwischen den Schuhen. Und du fragst dich immer, was da so übel riecht….“ Igitt.
Ich erinnere mich daran, dass meine Freundin ja ein bisschen esoterischer ist als wir anderen und dazu noch ein halbherziges Mitglied der Anti-Windel-Liga. Jener verwirrten Mütter also, die ihren Babys eigentlich nie Windeln angezogen haben, sondern schon während des Frühstücks fünfmal mit einer sichtlich überraschten Emma unterm Arm aus dem Raum rannten, um sie versuchsweise übers Klo zu halten. Vielleicht kommt ja was. Oder auch nicht. Und das passierte natürlich ausgerechnet immer dann, wenn Emma gerade so schön harmonisch mit den anderen auf dem Fußboden gespielt hat. Hat ja offensichtlich was gebracht, die Taktik… Ein paar hundert Euro Ersparnis für Windelkäufe, aber ein paar hunderttausend unnötige „Spielfluss Interruptus“-Methoden. Die ja auch für die Mutter ein zeitraubender Horror gewesen sein müssen.
„Also Moritz ist ja schon windelfrei“, fängt da meine andere Freundin an zu prahlen. Ohje: Wird das jetzt wieder so eine Wer-hat-das-coolste-Kind-Competition? „Wie? Mit anderthalb? Und der große Stinker klappt auch?!“, fragt Emmas Mutter bestürzt. Die Frage hat gesessen. „Nein, nein, mit dem Großmachen steht er noch auf Kriegsfuß.“ Aha. Wie sie ausführlich erklärt, heißt das: Wenn Moritz mal der Darm platzt, schnappt er sich selbst eine Windel, zieht sie sich an, setzt sich hinters Sofa, wo ihn dabei niemand beobachtet, und legt los. Da hört sogar Felix neugierig zu, der mit seinen fast vier Jahren noch nie ins Töpfchen gemacht hat. Und auch nicht ins echte, große Klo. Sehr zum Leidwesen seiner ständig XXL-Windeln wechselnden Mama.
Was für ein Drama, denke ich. Manche kacken nur ins Planschbecken, andere schaffen’s im Bad nicht, auf die Toilette zu klettern, und prötten mit ihrem Dünnpfiff ausgerechnet den hellen Teppich voll. Oder sie rennen auf dem Weg vom gerade grandios vollgesplatterten Klo zur Wickelkommode erstmal aufs Sofa, um sich mit ihrem noch restverschmierten Popo gemütlich hinzusetzen. Warum hat mir so etwas bloß niemand erzählt, als ich schwanger war oder es werden wollte?
„Und wie stelle ich das nun erfolgreich an?“, frage ich und blicke in die Runde. Die Mutter von Carlotta weiß zum Glück immer alles – und natürlich auch das: „Nimm Nora mit aufs Klo, wenn du musst. Geht zusammen! Setz ein Kuscheltier drauf und mach einfach ein Spiel daraus. Das kommt schon von ganz alleine, wenn sie so weit ist.“ Stummes Nicken in der Mütter-Runde. Die Taktik klingt logisch. Ich habe sie seitdem lange ausprobiert. Erfolglos. Und nun, Wochen später, als unser Töpfchen schon ein schlimmerer Keimherd ist als eine Computertastatur im schmierigen Internetcafé, setzt Nora ständig alle Bären und Hunde und Schafe und Puppen darauf. Ekelhaft. Immerhin: Zufälligerweise wird manchmal auch ins Töpfchen gekackt. Da hat sich prompt auch der unfassbare Worst Case auf der Toilette ereignet. Wir nennen es nur noch das „Wurst-Case-Szenario“: Helmut, unser Lego-Landwirt, musste mit ins Bad und ist im Eifer des Spielgefechts ins Töpfchen gefallen – natürlich voll in den stinkenden Misthaufen, der da nun ausnahmsweise lag. Und wer hat ihn mit heißem Wasser und Spüli abgekocht und desinfiziert…?! Ich natürlich. Tagelang haben wir Nora dann erzählt, Helmut sei „im Urlaub“. Bloß, dass sie es gleich kapiert hat: „Nein, Mama, Helmut Kacki!“
Und die Sache mit dem Hund? Nun, koterprobt und mit permanent gezückter Sagrotanflasche in der Hand, denke ich ernsthaft darüber nach. Schlimmer kann’s ja auch nicht werden.
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